Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
hinsichtlich der Unterbringung von Ukrainern in Wohnungen wird um Beantwortung der folgenden Fragen gebeten:
1. Wie viele Ukrainer sind derzeit in wie vielen Wohnungen, aufgeteilt in Wohnungen der KoWo und Wohnungen privater Eigentümer, untergebracht und welche Kosten sind mit dieser Art der Unterbringung insgesamt verbunden?
Antwort der Stadtverwaltung:
Bei der Unterbringung von geflüchteten Personen aus der Ukraine ist zur Beantwortung der Frage jeweils auf den Zeitpunkt mit Bezug zur Rechtskreiszugehörigkeit abzustellen. Generell fällt die Aufgabe der Unterbringung
von geflüchteten Personen aus der Ukraine in den Anwendungsbereich des Thüringer Flüchtlingsaufnahmegesetzes (ThürFlüAG). Im Aufnahmemonat liegt zudem die Anwendbarkeit des Asylbewerberleistungsgesetzes vor. Die
Landeshauptstadt Erfurt führt beide Aufgaben im übertragenen Wirkungskreis aus.
Bei der Bearbeitung von Angelegenheiten aus dem übertragenen Wirkungskreis nimmt ausschließlich der Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Erfurt diese Aufgaben als staatliche Aufgabe im übertragenen Wir- kungskreis (§ 29 Abs. 2 Nr. 2 i. V. m. § 3 ThürKO) wahr. Der Stadtrat sowie dessen Ausschüsse sind hierfür von Gesetzes wegen nicht zuständig. Gemäß § 9 Abs. 2 Geschäftsordnung für den Stadtrat der Landeshauptstadt Erfurt und seiner Ausschüsse können nur Anfragen zu Sachverhalten gestellt werden, welche den eigenen Wirkungskreis betreffen. Dies ist hier nicht der Fall. Eine Erörterung der Sache ist nur im Rahmen der Frage zulässig, ob es sich um eine Materie aus dem eigenen Wirkungskreis handelt oder aus dem übertragenen Wirkungskreis.
Für den Zeiten nach dem Rechtskreiswechsel fällt die Unterbringung in das Themengebiet der Übernahmen von Kosten der Unterkunft und Heizung. Eine Auswertung darüber wie viele Wohnungen geflüchtete Personen aus der Ukraine nutzen, ist nicht möglich, da hierzu keine eigene statistische Erfassung geführt wird bzw. insbesondere für den Rechtskreis SGB II die Bearbeitung der Leistungen durch das Jobcenter Erfurt erfolgt. Allgemein anzumerken ist, dass die Haushaltsbewirtschaftung generell in den Haushaltsunterabschnitten 43610 und 48200 abgebildet ist, hier allerdings auch keine Notwendigkeit / Verpflichtung der separaten Erfassung besteht.
2. Prüft die Stadt Erfurt die tatsächliche Bewohnung und wie wird vermieden, dass eine Wohnung mehrfach belegt, mithin mehrfach finanziert wird?
3. Wie geht die Stadt vor, wenn eine zugeteilte Wohnung nicht oder kaum genutzt wird und sich der tatsächliche – nicht der gemeldete – Wohnaufenthalt des Leistungsempfängers nicht in der zugeteilten Wohnung befindet?
Antwort der Stadtverwaltung:
Die Beantwortung der Fragen 2 und 3 erfolgt aus Sachzusammenhängen zusammengefasst.
Die (Erst–)Registrierung der ukrainischen Flüchtlinge erfolgt ämterübergreifend am Tag der Ankunft in der Landeshauptstadt Erfurt in der Erfurter Willkommensagentur des Amtes für Soziales (A50). Dabei arbeiten das Sachgebiet Migration des A50 sowie der Bereich Meldeangelegenheiten des Bürgeramtes zusammen. Da die Landeshauptstadt mindestens im Monat nach der Ankunft unterbringungsverpflichtet ist, ist die tatsächliche Wohnsitznahme gegeben. Diese wird durch die Sozialarbeit in den Unterkünften auch nachgehalten. Eine Mehrfachbelegung ist dadurch ausgeschlossen.
Wohnungsgeberbestätigungen nach § 19 Bundesmeldegesetz (BMG) werden bei Anmeldungen, unabhängig von Staatsangehörigkeit und Leistungsbezug nach dem SGB II oder SGB XII, auf formelle Korrektheit geprüft. Anmeldungen werden nur an bekannte und geprüfte Wohnanschriften vorgenommen. Dies ist durch das Fachverfahren sichergestellt.
Bei Ausstellung von Wohnungsgeberbescheinigungen durch Personen, die nicht Eigentümer sind (i. d. R. Untervermietung), erfolgt zusätzlich ein händischer Abgleich auf Plausibilität der Angaben mit dem Melderegister.
Bei Verdacht auf Falschanmeldung wird ein behördliches Ermittlungsverfahren (BEV) eingeleitet, welches tiefergehende Prüfungen beinhaltet (z. B. Prüfung von Eigentumsverhältnissen, örtliche Ermittlung). Verdachtsmomente können u. a. durch unplausible Angaben, Anzeigen, Postrückläufer entstehen. Sollte sich der Verdacht einer Falschanmeldung (ggf. auch in Mitwirkung eines Wohnungsgebers) bestätigen, werden Bußgeld– bzw. Strafverfahren eingeleitet. Seit Kriegsbeginn in der Ukraine durch den völkerrechtswidrigen Angriff Russlands am
24.02.2022 sind keine Verdachtsfälle zu verzeichnen. Weder Bußgeld– noch Strafverfahren wurden mit Bezug zu Ihrer Anfrage eingeleitet.
Zusätzlich ist auf das Urteil des Bundessozialgerichtes vom 22.09.2009 hinzuweisen (B 4 AS 8/09 R). Demnach sind Mietzinsen als tatsächliche Aufwendungen berücksichtigungsfähig, soweit sie auf der Grundlage einer mit dem Vermieter getroffenen Vereinbarung beruhen und vom Hilfebedürftigen tatsächlich gezahlt werden. Hält der Grundsicherungsträger eine Mietzinsvereinbarung für unwirksam, kann er das Kostensenkungsverfahren betreiben. Die Kostensenkungsaufforderung muss den Hilfebedürftigen in den Fällen einer zivilrechtlich unwirksamen Mietzinsvereinbarung in die Lage versetzen, seine Rechte gegenüber dem Vermieter durchzusetzen.
Die rechtlichen Vorgaben des Gesetzgebers zur Verfolgung von Leistungsmissbrauch in den Sozialgesetzbüchern werden als ausreichend angesehen. Die dort der Verwaltung an die Hand gegebenen Instrumente sind geeignet, diesem bei begründeten Verdachtsfällen nachzugehen und aufzudecken.