0846/23 Straßenreinigungsgebühren in der Meienbergstraße

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

die Meienbergstraße wird wegen der regelmäßig starken Verschmutzung in der Reinigungsklasse S I eingeordnet. Dies hat zur Folge, dass die Gehwege und die Fahrbahn täglich durch die SWE Stadtwirtschaft GmbH gereinigt werden, wodurch für die Anwohner erhebliche Straßenreinigungsgebühren entstehen. Dabei ist offensichtlich, dass die Verschmutzung gerade nicht durch die Anwohner erfolgt. Vielmehr erfolgen die Müllablagerungen durch vorbeiziehende Personengruppen, die bei den in der Meienbergstraße ansässigen Schnellrestaurants Produkte
erwerben und den Müll nach Verzehr auf der Straße liegen lassen.


Es wird daher um Beantwortung der folgenden Fragen gebeten:


1. Aus welchem Grund werden die hohen Straßenreinigungsgebühren in der Meienbergstraße
in voller Höhe den Anwohnern und nicht den Betreibern der Schnellrestaurants als
Verursacher, vgl. § 12 III StrReiEF, jedenfalls anteilig auferlegt?

Antwort der Stadtverwaltung:

Gemäß § 49 Abs. 5 Thüringer Straßengesetz vom 07.05.1993 sind die Gemeinden berechtigt, durch Satzung die Verpflichtung zur Reinigung ganz oder teilweise den Eigentümern oder Besitzern der durch öffentliche Straßen er-
schlossenen Grundstücke aufzuerlegen oder sie zu den entsprechenden Kosten nach den Bestimmungen des kommunalen Abgabenrechts heranzuziehen.


Die entsprechenden Bestimmungen hat die Stadt in der Satzung über die Reinhaltung und Reinigung öffentlicher Straßen und über die Sicherung der Gehwege im Winter (StrReiEF) vom 08.11.2011 sowie deren Änderungen vom
23.10.2015 bzw. 15.10.2019 mit Wirksamkeit ab 01.01.2016 bzw. 01.01.2020 und der Satzung über die Erhebung einer Straßenreinigungsgebühr in der Stadt Erfurt (StrReiGebEF) vom 12.12.2011 sowie deren Änderungen vom
18.12.2015 bzw. 19.12.2019 mit Wirksamkeit ab 01.01.2016 bzw. 01.01.2020 erlassen.


Die StrReiEF und die StrReiGebEF wurden nach deren Beschlussfassung durch den Stadtrat und Anzeige beim Thüringer Landesverwaltungsamt ordnungsgemäß im Amtsblatt der Landeshauptstadt Erfurt am 18.11.2011 sowie am 30.12.2011 mit Wirksamkeit ab dem 01.01.2012 bekannt gemacht. Die 1. Änderung der StrReiEF wurde im Amtsblatt am 16.11.2015 und der StrReiGebEF im Amtsblatt am 30.12.2015 mit Wirksamkeit ab dem 01.01.2016 bekannt gemacht. Die 2. Änderung der StrReiEF wurde im Amtsblatt am 15.11.2019 und der StrReiGebEF im Amtsblatt am 27.12.2019 mit Wirksamkeit ab dem 01.01.2020 bekannt gemacht.

Der Grundstückseigentümer hat auch keinen Anspruch, ihm die Reinigung aufzuerlegen oder auf die Kommune zurück zu übertragen oder den bisherigen Zustand beizubehalten. Die gesetzliche Ermächtigung will die Gemeinden von deren Pflicht entlasten, nicht aber den Grundstückseigentümern die Säuberung von Gehwegen oder Fahrbahnen vorbehalten.


Die Grundstückseigentümer können durch die Straßenreinigung ihre Grundstücke wirtschaftlich oder verkehrlich besser nutzen, so dass sie objektiv in ihrem besonderen Interesse liegt. Straßenreinigungsgebühren werden laut Rechtsprechung als öffentlich-rechtliche Gegenleistung für den Vorteil erhoben, in dem die Straße, an deren Reinigung der Grundstückseigentümer ein besonderes Interesse hat, durch die Stadt gereinigt und insgesamt in einem sauberen Zustand gehalten wird. Hierin erblickt man bundesrechtlich hinsichtlich des Gleichbehandlungsgrundsatzes/Willkürverbots (Art. 3 Abs. 1 GG) die Rechtfertigung, eine Personengruppe im Verhältnis zur Allgemeinheit mit speziellen Abgaben zu belasten. Hingegen sind Reinigungsgebühren keine Gegenleistung, um eine durch Straßenanlieger verursachte Verschmutzung zu beseitigen, und werden auch nicht für die Reinigung eines bestimmten Straßenstücks vor dem jeweiligen Grundstück erhoben. Außerdem ist die Gebühr für den Grundstückseigentümer vorteilhaft. Er muss nicht mehr selbst reinigen.
Eine Heranziehung zu Gebühren verletzt auch nicht die Eigentumsgarantie (Art. 14 Abs. 1 GG).

Schlussendlich sind Straßenreinigungsgebühren ausschließlich grundstücksbezogene Gebühren, sodass eine Heranziehung einzelner Mieter zu den Straßenreinigungsgebühren nicht möglich ist. Hierfür steht auch kein Ermessensspielraum zur Verfügung, da die Landesgesetzgebung klare Vorgaben trifft.


2. Wie hat sich der Gebührensatz je Frontmeter in den vergangenen 10 Jahren in der
Meienbergstraße verändert und aus welchem Grund?

Antwort der Stadtverwaltung

Kalkulationszeitraum 2012 bis 2015 – 53,50 € pro Frontmeter
Kalkulationszeitraum 2016 bis 2019 – 68,40 € pro Frontmeter
Kalkulationszeitraum 2020 bis 2023 – 78,45 € pro Frontmeter

Bezüglich der Begründung der Kostenentwicklung verweise ich auf die Ausführungen unter 3.


3. Wie setzt sich die Straßenreinigungsgebühr in der Meienbergstraße zusammen? Es wird
um eine konkrete Ausschlüsselung aller mit der Gebühr im Zusammenhang stehenden
Posten gebeten.

 

Antwort der Stadtverwaltung:

Mit Wirkung zum 01.01.2020 wurde auf der Grundlage einer Neukalkulation der Kosten, der Gebührensatz in der Reinigungsklasse S I von 78,45 EUR ermittelt. Hintergrund dessen waren bereits damals schon vor allem die im Rahmen der öffentlichen Preisprüfung festgestellten Kostensteigerungen zur Erfüllung der Reinigungsleistungen sowie die Erhöhung der Personal und Sachkosten der Stadt. Hinzu kommen jedoch auch politische und umweltrechtliche Faktoren. So wurde beispielsweise der Einsatz von Glyphosat zur Wildkrautbeseitigung verboten. Daraus folgte, dass durch den Wegfall der mechanische und manuelle Aufwand deutlich gestiegen ist, was sich schlussendlich in den Kosten widerspiegelt.

Die Heranziehung zu den Kosten regelt sich nach den Bestimmungen des kommunalen Abgabenrechts. Insoweit dürfen nur solche Kosten in Ansatz gebracht werden, die mit der in der Satzung festgelegten Reinigung in unmittelbarem Zusammenhang stehen.
Bei der Gebührenbemessung wurden die beim beauftragten Dritten (SWE Stadtwirtschaft
GmbH) sowie bei der Stadt kalkulierten Kosten für 2020 bis 2023 berücksichtigt.


Kontrollmaßstab für die haushalts und gebührenrechtliche Ansetzbarkeit der Kosten ist das Prinzip der Erforderlichkeit (einrichtungsbezogene Erforderlichkeit und kostenbezogene Erforderlichkeit). Überflüssige wie auch übermäßige Kosten dürfen nicht berücksichtigt werden. Die für den Haushalt der Stadt und die Gebührenkalkulation bzw. Berechnung des Gebührensatzes ansetzbaren Kosten ergeben sich aus dem Entgelt für die in Anspruch genommenen Fremdleistungen (Kosten des beauftragten Dritten SWE Stadtwirtschaft GmbH) zuzüglich der Verwal-
tungskosten der Stadt.


Die bei der Prüfung gemäß der Verordnung PR Nr. 30/53 bei der SWE Stadtwirtschaft GmbH ermittelten Entgelte für die in Auftrag zu gebenden Leistungen (Reinigung der Fahrbahnen und Gehwege, zusätzliche Reinigung der Fahrbahnen wegen des ruhenden Verkehrs) sind Grundlage für die Gebührenkalkulation. Bei der Gebührenkalkulation wurden nur die Reinigungskosten der öffentlichen Straße angesetzt, von der die Gebührenschuldner (Grundstückseigentümer oder Besitzer) einen Vorteil aus der Sauberhaltung der Straße haben. Weitere Kosten, die ggf. bei den zu erbringenden Leistungen entstehen, jedoch nicht in die öffentliche Straßenreinigung gem. StrReiEF einbezogen sind (Reinigung von Brücken und Unterführungen, Abschnitte außerhalb geschlossener Ortslage, zusätzliche Reinigung der Innenstadt, Reinigung von Straßen bzw. Abschnitten ohne Anlieger, Tiefenreinigung sowie Nassreinigung und Parkplatzreinigung), müssen in voller Höhe aus dem Haushalt der Stadt gedeckt werden. Ebenso wurden bei der Berechnung der Gebührensätze die Kosten für die Reinigung der Straßen entlang öffentlicher Grünanlagen und Parks, die die Stadt zu tragen hat, abgezogen.


Man darf die ansatzfähigen Kosten der Reinigung nicht in vollem Umfang auf die Gebührenschuldner umlegen. Der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verbietet, die Anlieger ohne Einschränkung oder Ausgleich der vollen Gebührenpflicht zu unterwerfen, wenn und soweit die Reinigung dem Allgemeininteresse an sauberen Straßen dient. Dem Gleichheitssatz wird entsprochen, wenn man den für das Allgemeininteresse aufgewendeten Kostenanteil bei der Ermittlung der durch Gebühren zu deckenden Kosten (vorweg) insgesamt absetzt. Das käme dann allen
Gebührenpflichtigen zugute.
Es wird kein möglicherweise kompliziertes Berechnungssystem verlangt, das die Verkehrs und Kommunikationsbedeutung der einzelnen Straßen zusätzlich zum von der Gemeinde zu tragenden Anteil für das Allgemeininteresse berücksichtigt (vgl. Wichmann, 7. Auflage, Rn. 353).

Auf der Grundlage der errechneten Gebührensatzobergrenzen ergeben sich unter Berücksichtigung des Allgemeininteresses von mindestens 25 % für die Reinigungsklassen ES IV, ES III und
S III sowie des Allgemeininteresses von 40 % für die Reinigungsklassen S I die jeweiligen Gebührensätze.

Die oben aufgeführten Erläuterungen legen nahe, wie hoch der Eigenbeitrag allein in der Reinigungsklasse S I ist und dass die Landeshauptstadt Erfurt durchaus einen entsprechenden Eigenanteil für die Sauberhaltung in der Innenstadt (vor allem in der RKL S I so auch in der Meienbergstraße) trägt.


Da die Benutzungsgebühr der Deckung der Kosten der öffentlichen Einrichtung diene, stelle sich der (kostendeckende) Gebührensatz als das Ergebnis der Teilung der ansatzfähigen Kosten durch die Summe der Maßstabseinheiten dar. Voraussetzung hierfür sei die Ermittlung der ansatzfähigen Kosten und der Summe der Maßstabseinheiten. Die Verantwortung für alle der Festsetzung des Gebührensatzes vorausgehenden Ermittlungen und Berechnungen als auch die Verantwor-tung für die Gebührenkalkulation habe das für den Erlass von Satzungen zuständige Organ
(Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand September 2015, § 6 Rn. 118).


In der Summe wurden 445.134 normierte Frontmeter festgesetzt. Der mittlere Gebührensatz wurde aus der Division der gekürzten gebührenfähigen Kosten durch die normierten Frontmeter ermittelt. Um eine Quersubventionierung für Gehwege aus Gebühren der Fahrbahnreinigung auszuschließen, wurden die daraus resultierenden Gebührensätze abweichend vom mittleren Gebührensatz ermittelt. Davon entfielen 342.622 Frontmeter auf den Fahrbahnanteil und
102.512 auf den Gehweganteil.


Eine Aufschlüsselung der konkret herangezogenen Kosten sowie die Summen der angesetzten Frontmeter, welche auf Basis des Wahrscheinlichkeitsmaßstabs zu Grunde gelegt werden, als auch eine Übersicht zum städtischen Anteil aus dem Allgemeininteresse, wurde im Rahmen der Beschlussfassung des Stadtrates zur DS 1977/19 (2. Änderung der StrReiGebEF) in den jeweiligen Anlagen aufgeführt.

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