Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
im Andreas– und Blumenviertel herrscht ein akuter Mangel an Parkplätzen für die gesamte Anwohnerschaft. Ab 16.00 Uhr ist es für die meisten Anwohner nicht mehr möglich, einen Pkw–Stellplatz zu bekommen. Dies resultiert hauptsächlich aus dem einsetzenden Feierabend der überwiegend arbeitenden Anwohner. Zusätzlich zum bestehenden Parkplatzmangel kommt es zeitweise zu Beschränkungen durch die Straßenreinigung (z.B. in der Alten Mühlhäuser Straße), sowie neu errichteten Feuerwehrzufahrten ohne das ein Ausgleich für die dadurch weggefallenen
Parkplätze geschaffen wurde.
Es wird daher um Beantwortung der folgenden Fragen gebeten:
- Plant die Stadtverwaltung für das Andreas– und Blumenviertel ein Parkraumkonzept, wenn
ja, wann soll dieses vorgelegt werden und wie ist dessen inhaltliche Ausgestaltung und
wenn nein, warum nicht? - Sofern kein Parkraumkonzept geplant ist, welche weiteren Vorschläge hat die
Stadtverwaltung zur Beseitigung des Missstandes?
Antwort der Stadtverwaltung:
entsprechend der geltenden gesetzlichen Regelungen ist in erster Linie der Grundstückseigentümer für den Nachweis der Stellplätze verantwortlich. Die Rechtsprechung hat eindeutig festgestellt, dass es keinen Rechtsanspruch auf
öffentlichen Parkraum gibt (erst recht nicht auf solchen in größtmögliche Wohnungsnähe); auch aus dem Straßenanliegergebrauch erwächst kein Anspruch darauf, dass Parkmöglichkeiten unmittelbar an Grundstücken oder in
angemessener Nähe eingerichtet werden (siehe hierzu Urteile des VG Köln vom 13.05.2011 [Az. 18 K 1172/11] sowie des OVG Niedersachsen vom 17.02.2012 [Az. 7 ME 185/11]). Laut Rechtsauffassung beträgt überdies die
zumutbare fußläufige Entfernung zwischen Stellplatz und Wohnort bis zu 400 Meter.
Oftmals stellt das Parken im öffentlichen Straßenraum zwar die einzige Möglichkeit für die Anwohner dar, ihre Fahrzeuge abzustellen. Hierbei gilt jedoch, dass der mittelalterlich und gründerzeitlich geprägte innerstädtische Stra-
ßenraum begrenzt ist und mit der im Durchschnitt seit der Wende 1990 stattgefundenen Verdopplung des Fahrzeugbestandes nicht Schritt halten kann.
Die Landeshauptstadt Erfurt muss zahlreiche Ansprüche an den Straßenraum berücksichtigen und unter Beachtung der gesetzlichen Vorgaben, die in der Straßenverkehrsordnung (StVO) mit der zugehörigen Verwaltungsvorschrift
(VwV–StVO) definiert sind, Kompromisse finden.
Dies vorausgeschickt beantworte ich Ihre Anfrage wie folgt:
1. Plant die Stadtverwaltung für das Andreas– und Blumenviertel ein Parkraumkonzept, wenn ja, wann soll dieses vorgelegt werden und wie ist dessen inhaltliche Ausgestaltung und wenn nein, warum nicht?
Das Andreasviertel ist im Ergebnis des Verkehrsentwicklungsplanes Teil Innenstadt als Begegnungszone ausgewiesen. Seit dem 01.01.2019 sind die daraus resultierenden Maßnahmen der Parkraumkonzeption für die Innenstadt (Stadtratsbeschluss 0129/14) vollständig umgesetzt. Innerhalb der Begegnungszone ist somit das Parken nur noch für Bewohner und mobilitätsbeeinträchtigte Personen sowie während eines Lieferzeitfensters für Lieferanten möglich. Ein wichtiger Beitrag zur Sicherung der Ziele der Begegnungszone ist auch eine ausreichende Parkraumüberwachung.
Die Stadtverwaltung hat im Nachgang zu der im Jahre 2018/2019 erfolgten Ausweitung der Parkraumbewirtschaftung in der Innenstadt Parkraumuntersuchungen in den angrenzenden Quartieren durchgeführt. Auf der Grundlage der Ergebnisse dieser Untersuchungen hat der Stadtrat mit Beschluss Nr. 0288/21 am 21.07.2021 die weitere Ausweitung der Parkraumbewirtschaftung inklusive dem Bewohnerparken in bestimmten Quartieren bestätigt. Darin ist auch
das Beobachtungsgebiet 02 „Nordhäuser Straße“ enthalten, wobei allerdings für dieses Gebiet eine vorherige wiederholte Parkraumuntersuchung erforderlich ist. Aufgrund der aufwendigen technischen und finanziellen Vorbereitungen in Verbindung mit der eingeschränkten Wirksamkeit verkehrsorganisatorischer Regelungen sind zeitnah keine veränderten Bedingungen zu erwarten.
Generell ist jedoch darauf zu verweisen, dass in allen Gebieten die höchsten Auslastungen in den Nachtstunden auftreten. Dies ist ein eindeutiges Indiz dafür, dass die Bewohner selbst um die Stellplätze konkurrieren. Auch in Bezug auf eine stetige Zunahme von privaten Kfz hat die Stadtverwaltung nur einen begrenzten Einfluss – hier liegt es vielmehr an jedem selbst, wie viel automobile Mobilität als erforderlich angesehen wird.
2. Sofern kein Parkraumkonzept geplant ist, welche weiteren Vorschläge hat die Stadtverwaltung zur Beseitigung des Missstandes?
Wie bereits angesprochen können Grundstückseigentümer selbst Initiativen zur Verbesserung der Parkraumsituation etwa durch die Schaffung kompakter Stellplatzanlagen auf dafür geeigneten Grundstücken schaffen oder sich auch an anderen Projekten beteiligen. Das Wohngebiet Borntalbogen stellt ein solches Beispiel mit dem Bau einer Parkpalette dar.
Auf Grund der straßenweisen Erfassung der aktuellen Parkraumsituation prüft die Verwaltung, ob durch einen veränderten Gebietszuschnitt der Beobachtungsgebiete eine andere Bewertung zur Bewirtschaftung mit Bewohnerparken insbesondere im Bereich um die Nordhäuser Straße abgeleitet werden kann. Dazu ist eine Wiederholung der Parkraumuntersuchung nach der Umsetzung in dem benachbarten Gebiet erforderlich, um hier rechtssichere Lösungen zu erarbeiten.