Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
hinsichtlich der gesamt-finanziellen Situation der Stadt Erfurt wird um die Beantwortung der folgenden Fragen gebeten:
- War der Stadt Erfurt ein Haushaltsausgleich nach den Bestimmungen des Freistaats Thüringen im Jahr 2020 möglich, wenn nein, warum nicht und geht die Stadt Erfurt davon aus in den kommenden 5 Jahren einen Haushaltsausgleich zu erreichen?
- Erstellt die Stadt Erfurt für das Jahr 2021 ein Haushaltssicherungskonzept, wenn ja, wann wird dieses dem zuständigen Ausschuss sowie dem Stadtrat vorgelegt und wenn nein, warum nicht?
- Wie schätzen die Stadt Erfurt Ihre aktuelle Gesamtfinanzsituation einschließlich aller Zuweisungen und Zuschüsse von Bund und Ländern ein, wie hat sich diese in den letzten zehn Jahren bis heute entwickelt und wie wird sich diese voraussichtlich in den kommenden Jahren entwickeln?
Sascha Schlösser, René Aust
Antwort der Stadtverwaltung
Sehr geehrte Herren Schlösser und Aust,
Ihre Anfrage beantworte ich wie folgt:
1. War der Stadt Erfurt ein Haushaltsausgleich nach den Bestimmungen des Freistaats Thüringen im Jahr 2020 möglich, wenn nein, warum nicht und geht die Stadt Erfurt davon aus in den kommenden 5 Jahren einen Haushaltsausgleich zu erreichen?
Mit der Doppelhaushaltssatzung 2019/2020 sowie der 1. Nachtragshaushaltssatzung 2020 wurde durch den Stadtrat ein ausgeglichener Haushaltsplan 2020 bestätigt.
Für 2021 liegt noch keine bestätigte Haushaltssatzung vor, da bisher eine Unterdeckung für den Planentwurf 2021ff. ausgewiesen wurde. Im weiteren internen Planungsprozess konnte nunmehr das Defizit für das Haushaltsjahr 2021 ausgeglichen werden. Die mittelfristige Finanzplanung weist derzeit jedoch nicht finanzierbare Unterdeckungen aus, sodass ein Haushaltsausgleich ab dem Jahr 2022 nicht erreicht werden kann.
2. Erstellt die Stadt Erfurt für das Jahr 2021 ein Haushaltssicherungskonzept, wenn ja, wann wird dieses dem zuständigen Ausschuss sowie dem Stadtrat vorgelegt und wenn nein, warum nicht?
Angesichts der unausgeglichenen Finanzplanung ist gem. § 53a ThürKO ein Haushaltssicherungskonzept (HSK)zeitgleich mit dem Haushaltsplan 2021aufzustellen.
Auf Grundlage der im Thüringer Landtag vorliegenden Drucksache 7/2285 ist im Zusammenhang mit der Änderung des Zweiten Thüringer Gesetzes zur Umsetzung erforderlicher Maßnahmen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie eine Änderung der ThürKO vorgesehen. Durch Novellierung des § 62a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 ThürKO sollen die Vorschriften zur Aufstellung eines HSK im Zusammenhang mit der Haushaltsplanung für das Haushaltsjahr 2021 angepasst werden. Die Aufstellung eines HSK ist, trotz Fehlbetrag in zwei der dem laufenden Haushaltsjahr folgenden Finanzplanungsjahre, somit nicht mehr verpflichtend.
Es wird davon ausgegangen, dass vorgenannte Änderung der ThürKO noch im Frühjahr 2021 durch den Thüringer Landtag beschlossen wird.
Mit Inkrafttreten wäre die Verpflichtung zur Erstellung des HSK i.V.m. der Planung 2021 entbehrlich. Dennoch wäre die Stadt spätestens mit der Planung 2022 ff. verpflichtet, ein Haushaltssicherungskonzept vorzulegen.
3. Wie schätzen die Stadt Erfurt Ihre aktuelle Gesamtfinanzsituation einschließlich aller Zuweisungen und Zuschüsse von Bund und Ländern ein, wie hat sich diese in den letzten zehn Jahren bis heute entwickelt und wie wird sich diese voraussichtlich in den kommenden Jahren entwickeln?
Für die vergangenen10 Jahre ist die Gesamtfinanzsituation der Stadt Erfurt als stabil zu bezeichnen.
Die im Ergebnis der Jahresrechnungen 2014 und 2015 entstandenen Sollfehlbeträge konnten bereits im Haushaltsjahr 2016 in voller Höhe ausgeglichen werden. Eine kontinuierlich steigende Beteiligung des Bundes und die Zuweisungen des Freistaates Thüringen, insbesondere aus dem ThürFAG, wirkten sich positiv hinsichtlich der Entwicklung des Verwaltungshaushaltes aus. Insbesondere erhöhten sich die Erstattungen für die Kosten der Unterkunft (Gr. 19) erheblich. Des Weiteren konnte der Vermögenshaushalt durch diverse Zuweisungen und projektbezogene Förderungen ab dem Jahr 2018, u.a. durch die hohen Förderungen bei den BUGA-Maßnahmen, entlastet werden.
Die steuerlichen Einbußen im Jahr 2020,insbesondere bei der Gewerbesteuer, konnten durch zusätzliche Zuweisungen auf der Grundlage des ThürStaKoFiG und dem ThürUGGewStCOV) kompensiert werden.
Die Stadt Erfurt erhielt insgesamt Zuweisungen i.H.v. rd. 24,7 Mio. EUR bezüglich der Kompensation von Einnahmeverlusten aufgrund der Corona-Pandemie. Für das Jahr 2021 wird nach derzeitigem Stand zunächst eine allg. Stabilisierungspauschale in Höhe von rd. 9,9 Mio. EUR erwartet.
Für 2020 sind des Weiteren mit rd. 158 Mio. EUR die bisher höchsten Schlüsselzuweisungen vereinnahmt worden.
Ab 2022 werden voraussichtlich keine höheren Zuweisungen des Bundes bzw. des Landes aufgrund der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklungen zu erwarten sein, sodass ein Haushaltsausgleich der Folgejahre erschwert wird. Auch ist in der Gesamtbetrachtung, neben der Entwicklung der lfd. Einnahmen, der Anstieg der Personal- und Sachkosten zu berücksichtigen. Hier führen insbesondere die steigenden Sozialkosten zu einer angespannten Finanzsituation. Daher muss auch für die nächsten Planungsjahre davon ausgegangen werden, dass die Finanzierungsspielräume stark eingeschränkt sind.
Mit freundlichen Grüßen
A. Bausewein