1243/20 Brandprävention für die Stadt aufgrund steigender Gefahren durch mehr Elektroautos

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

die Anzahl der Elektroautos in den Erfurter Straßen steigt u.a. aufgrund fortgesetzter finanzieller Förderung jährlich kontinuierlich an. Damit geht jedoch auch eine gesteigerte Gefahr durch Unfälle mit Elektroautos sowie durch Spontanbrände einher. Die gesteigerte Gefahr resultiert bereits daraus, dass nach einem Unfall eine erhöhte Wahrscheinlichkeit eines Brandes durch das Elektroauto besteht. Nur bestimmte Vorrichtungen, wie Löschwannen und spezielle Container, sind dazu geeignet, die Brandgefahr für die Umgebung einzudämmen. Mit dem Löschen eines Elektroautos durch Wasser besteht zudem für die Rettungskräfte die Gefahr, durch einen elektrischen Schlag verletzt zu werden. Der Akku müsste über Stunden, ggf. über mehrere Tage, gekühlt werden, was nur durch ein Wasserbad umgesetzt werden kann.

Es wird daher um Beantwortung der folgenden Fragen gebeten:

  1. Inwieweit ist die Erfurter Feuerwehr auf Brände von Elektroautos im Stadtgebiet vorbereitet? Sind Löschwannen und entsprechende Krantechnik vorhanden?
  2. Welche Strategie verfolgt die Erfurter Feuerwehr beim Löschen von Elektroautos? Gibt es hierfür spezielle Anweisungen, welche befolgt werden müssen und sind diese auf die verschiedenen Fahrzeugmuster abgestimmt?
  3. Wie wird die Sicherheit aller PKW-Parkplätze sowie der jeweiligen Ladeplätze, insbesondere in der historischen Altstadt, eingeschätzt? Besteht für die Elektroautostellplätze ein Brandschutzkonzept, durch das die Plätze der historischen Altstadt im Fall von Bränden abgesichert sind oder sind die Stellplätze von historischer Substanz entfernt?

Stefan Möller


Antwort des Oberbürgermeisters

Sehr geehrter Herr Möller, Ihre Anfrage möchte ich wie folgt beantworten:

1. Inwieweit ist die Erfurter Feuerwehr auf Brände von Elektroautos im Stadtgebiet vorbereitet? Sind Löschwannen und entsprechende Krantechnik vorhanden?

Die derzeit schnell voranschreitende Umstrukturierung des Automobilsektors mit alternativer Antriebstechnik stellt auch die Feuerwehr Erfurt vor neue Herausforderungen. Die Feuerwehr Erfurt reagiert darauf durch entsprechende Ausbildung des Personals sowie Anpassung von Ausrüstung und Taktik an den derzeitigen Stand von Wissenschaft und Technik. Ausgehend vom aktuellen Erkenntnisstand (Hinweise Pkw-Hersteller, Verband der Automobilindustrie (VDA), Deutschen gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV), Arbeitsgemeinschaft der Leiter der Berufsfeuerwehren (AGBF), Versuchsreihen der Dekra) zur Bewältigung einer solchen Einsatzlage wird im Wesentlichen die folgende Technik vorgehalten und bei Bedarf eingesetzt:

  • verschiedenen Möglichkeiten eine größere Wassermenge an der Einsatzstelle zu Kühlzwecken zur Verfügung zu stellen
  • Gasmessgerät zum Erkennen einer Gefährdung durch Flusssäure
  • Wärmebildkameras zum Erkennen eines kritischen Zustandes („Thermal Runaway“)
  • Tablet mit Fahrzeuginformationssystem (fahrzeugrelevante Rettungsinformationen zu Komponenten und Sicherheitssystemen, Rettungskarten)
  • Löschlanzen zur eventuellen Kühlung schwer erreichbarer Bereiche
  • Wechselladerfahrzeuge für verschiedene Abrollbehälter, teilweise mit Kran sowie
  • eine wasserdichte Mulde (Abrollbehälter) mit der Möglichkeit zum Kühlen des Energiespeichers durch Eintauchen.

2. Welche Strategie verfolgt die Erfurter Feuerwehr beim Löschen von Elektroautos? Gibt es hierfür spezielle Anweisungen, welche befolgt werden müssen und sind diese auf die verschiedenen Fahrzeugmuster abgestimmt?

Generell ähneln sich Brände von Elektrofahrzeugen und Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor. Grundsätzlich lassen sich entsprechende Fahrzeugbrände unter Beachtung der speziellen Gefahren (z.B. Spannungen bis 1000V, Reiz- und Ätzwirkung austretender Gase und Flüssigkeiten) vergleichbar abarbeiten. Spezielle Anweisungen existieren in Form von Unfallverhütungsvorschriften und Rettungskarten.

Sollte der Energiespeicher vom Brand betroffen oder durch Unfall beschädigt sein, sind eine Kühlung mit ausreichend Wasser und eine Kontrolle der Temperatur mittels Wärmebildkamera die derzeit empfohlenen Standardmaßnahmen zum Erkennen und Stoppen eines „Thermal Runaway“.

Zum Schutz des eingesetzten Personals erfolgt die Überwachung der Umgebung auf Flusssäure und bei Bedarf das Niederschlagen der Dämpfe mit Wasser. Spezielle Maßnahmen, wie herstellerseitig vorgegebene Öffnungen zum Kühlen der Batterien oder die Lage von Airbags, lassen sich im Fahrzeuginformationssystem oder auf den eventuell vorhandenen Rettungskarten im betroffenen Fahrzeug ablesen.

Im weiteren Verlauf entscheidet der jeweilige Einsatzleiter anhand der konkreten Einsatzlage im pflichtgemäßen Ermessen über den Einsatz der wasserdichten Mulde zum Kühlen des Energiespeichers. Eine direkte Übernahme des Fahrzeuges durch ein Abschlepp- und Entsorgungsunternehmen nach Abschluss der Löscharbeiten bzw. erster Kühlung mit Abtransport, eventuell weiterer Kühlung und Verwahrung ist anzustreben. Wichtig ist hier, dass sich die Abschlepp- und Entsorgungsunternehmen vorbereiten, über die Risiken solcher Fahrzeuge Bescheid wissen, eine entsprechende Technik vorhalten und das Fahrzeug separat oder in einem Wasserbad zur Vermeidung von Schäden an benachbarten Fahrzeugen und Verhinderung einer weiteren Reaktion abstellen.

3. Wie wird die Sicherheit aller PKW-Parkplätze sowie der jeweiligen Ladeplätze, insbesondere in der historischen Altstadt, eingeschätzt? Besteht für die Elektroautostellplätze ein Brandschutzkonzept, durch das die Plätze der historischen Altstadt im Fall von Bränden abgesichert sind oder sind die Stellplätze von historischer Substanz entfernt?

Innerhalb von (bestandsgeschützten) Gebäuden (Garagen, Tiefgaragen, Parkhäusern etc.) können Stellflächen für Fahrzeuge auch von Fahrzeugen mit Elektroantrieb genutzt werden. Erhöhte bauaufsichtliche Anforderungen gibt es hier zurzeit nicht. Auch für neu zu genehmigende Gebäude existieren derzeit keine erhöhten bauaufsichtlichen Anforderungen an Stellplätze für Elektrofahrzeuge.

Daher gibt es auch für Stellplätze außerhalb von Gebäuden keine erhöhten derartigen bauaufsichtlichen Anforderungen.

Da aus bauaufsichtlicher Sicht der Schutz von Leben und Gesundheit, nicht jedoch der von Sachwerten, im Vordergrund steht, sind derzeit auch keine Intentionen erkennbar, die neue baurechtliche Regelungen erwarten lassen würden. Ob sich aus anderen Rechtsbereichen (z.B. Versicherungsschutz, Denkmalschutz, abwehrender Brandschutz) weitreichendere Anforderungen ergeben, kann nicht ausgeschlossen werden.

Mit freundlichen Grüßen

A. Bausewein

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