Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
in der Pressemitteilung der Stadt Erfurt vom 15.01.2021 – „Projekte für Vielfalt in Erfurt gesucht“ – ruft die Stadt Erfurt Vereine, Fördervereine, Gruppen, Initiativen und nicht staatliche Organisationen dazu auf, Fördermittel von bis zu 500,- € für Kleinprojekte und bis zu 5.000,- € für Großprojekte zu beantragen. Dabei wird explizit darauf hingewiesen, dass die Projekte „gern auch bezogen auf die anstehenden Wahlen“ sein können.
Noch in der Stellungnahme zur Drucksache 1205/20 wurde jedoch mitgeteilt, dass durch die Fördermittelempfänger „ein grundsätzliches und explizites Neutralitätsgebot im Rahmen der Förderung durch die Zuwendungsempfänger zu beachten“ ist.
Es wird daher um Beantwortung der folgenden Fragen gebeten:
- Inwieweit schätzt die Stadtverwaltung die Vereinbarkeit des „grundsätzlichen und expliziten Neutralitätsgebots“ geförderter Stellen und die Förderung von Projekten, welche sich auf die anstehenden Wahlen beziehen, ein?
- Wie stellt die Stadtverwaltung sicher, dass es sich durch die Förderung nicht um unerlaubte, ggf. indirekte, Wahlkampffinanzierung handelt?
- Woraus erfolgt die Finanzierung der Projekte angesichts des fehlenden Haushaltsplanes für 2021 und der finanziellen Situation der Stadt infolge der Corona-Pandemie?
Sascha Schlösser
Link zur Pressemitteilung
https://www.thueringer-allgemeine.de/regionen/erfurt/projekte-fuer-vielfalt-in-erfurt-gesucht-id231353450.html
Antwort der Stadtverwaltung
Sehr geehrter Herr Schlösser,
Ihre Anfrage beantworte ich wie folgt:
1. Inwieweit schätzt die Stadtverwaltung die Vereinbarkeit des „grundsätzlichen und expliziten Neutralitätsgebots“ geförderter Stellen und die Förderung von Projekten, welche sich auf die anstehenden Wahlen beziehen, ein?
In der Förderrichtlinie „Demokratie leben!“ wird ausdrücklich festgelegt, dass die Träger aller geförderten Maßnahmen auf dem Boden der freiheitlich demokratischen Grundordnung stehen und eine den Zielen des Grundgesetzes förderliche Arbeit zu gewährleisten haben. Mit den Förderzielen der o.g. Richtlinie werden auch die Förderung des Erhalts und der Stärkung der Demokratie, die Gestaltung von Vielfalt in der Gesellschaft und die Demokratieförderung, besonders durch die Stärkung der demokratischen Teilhabe, verfolgt. Dazu gehören auch Bildungs- und Informationsangebote im Vorfeld von Wahlen. Insbesondere geht es hierbei um Aufklärung zum Wahlsystem und Wahl-verfahren sowie die demokratischen Grundprinzipien. Das sind Aufgaben zur Demokratiebildung und zur Stärkung der demokratischen Teilhabe, die durch die Projektförderungen lokal umgesetzt werden.
2. Wie stellt die Stadtverwaltung sicher, dass es sich durch die Förderung nicht um unerlaubte, ggf. indirekte, Wahlkampffinanzierung handelt?
In der unter 1. genannten Förderrichtlinie ist eindeutig geregelt, dass grundsätzlich Maßnahmen, die nach Inhalt, Methodik und Struktur überwiegend parteiinterne oder gewerkschaftsinterne Schulungen sind und Maßnahmen und Projekte mit agitatorischen Zielen nicht zuwendungsfähig sind. Mit der Festlegung in der Projektausschreibung, dass Parteien, parteipolitische/parteinahe Stiftungen und Jugendorganisationen der Parteien nicht förderfähig sind, wird eine unerlaubte bzw. indirekte Wahlkampffinanzierung und Wahlkampfunterstützung ausgeschlossen.
3. Woraus erfolgt die Finanzierung der Projekte angesichts des fehlenden Haushaltsplanes für 2021 und der finanziellen Situation der Stadt infolge der Corona-Pandemie?
Wie aus der Pressemitteilung und allen Veröffentlichungen des Lokalen Aktionsplans gegen Rechtsextremismus Erfurt (LAP) hervorgeht, wird dieser durch das Bundesprogramm „Demokratie leben!“, das Thüringer Landesprogramm „Denk bunt“ sowie die Landeshauptstadt Erfurt gefördert. Hauptförderer ist der Bund mit ca. 67 %, der Freistaat fördert einen Anteil von ca. 23 %. Da-her wird der wesentliche Anteil durch Fördermittel Dritter zur Verfügung gestellt und an die Projekte weitergeleitet.
Mit freundlichen Grüßen
A. Bausewein